Charles² – Pharma Insights

Nach der Markteinführung neuer Medikamente

Episode Summary

Wird ein neues Medikament oder ein Impfstoff nach der Zulassung auf den Markt gebracht, regelt das Heilmittelwerbegesetz (HWG), wen und wie die Hersteller der Arzneimittel darüber informieren dürfen. Direkt an Patientinnen und Patienten dürfen sich Informationen zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über die Gebrauchsinformation hinaus dabei nicht wenden. Wird in Deutschland ein neues verschreibungspflichtiges Arzneimittel auf den Markt gebracht, richtet sich die Kommunikation daher an medizinische Fachkreise. Was darunter zu verstehen ist und wie eine solche Kommunikation erfolgt, schildern in Folge 6 von „Charles² – Pharma Insights“ Juristin Nicole von Gregory, Marketing-Verantwortliche Sirkka Meier und Dr. Daniel Kalanovic, Arzt und medizinischer Leiter bei Pfizer in Deutschland.

Episode Notes

Wird ein neues Medikament oder ein Impfstoff nach der Zulassung auf den Markt gebracht, regelt das Heilmittelwerbegesetz (HWG), wen und wie die Hersteller der Arzneimittel darüber informieren dürfen. Direkt an Patientinnen und Patienten dürfen sich Informationen zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über die Gebrauchsinformation hinaus dabei nicht wenden. Wird in Deutschland ein neues verschreibungspflichtiges Arzneimittel auf den Markt gebracht, richtet sich die Kommunikation daher an medizinische Fachkreise. Was darunter zu verstehen ist und wie eine solche Kommunikation erfolgt, schildern in Folge 6 von „Charles² – Pharma Insights“ Juristin Nicole von Gregory, Marketing-Verantwortliche Sirkka Meier und Dr. Daniel Kalanovic, Arzt und medizinischer Leiter bei Pfizer in Deutschland. Weitere Informationen gibt es unter www.pfizer.de/podcast-charles2.

Episode Transcription

Titel der Folge: Nach der Markteinführung neuer Medikamente

Anmoderation: Wie in den ersten fünf Folgen dieses Podcast geschildert wurde, muss eine Menge geschehen, bevor ein Medikament in Deutschland vermarktet werden kann. Es muss zunächst in klinischen Studien umfassend geprüft und dann behördlich zugelassen worden sein. Doch auch nachdem ein Medikament zugelassen wurde, geschieht weiterhin Einiges, um beispielsweise noch mehr über seine Wirksamkeit und Verträglichkeit zu erfahren. Was das ist und was einen Austausch und Wissenstransfer zwischen Arzneimittelherstellern und Ärzteschaft wichtig macht, erfahren Sie in dieser letzten Folge der ersten Staffel von „Charles² - Pharma Insights“, einem Podcast von Pfizer Deutschland. Ich bin dort Kommunikationsmanagerin, heiße Anke Kugelstadt und spreche für diesen Podcast mit Kolleginnen und Kollegen.

Moderation: Wird ein neues Medikament oder ein Impfstoff nach der Zulassung auf den Markt gebracht, so möchten Hersteller der Arzneimittel darüber informieren. Sirkka Meier hat länderübergreifende Verantwortung bei der Markteinführung neuer Impfstoffe von Pfizer. Zuvor war sie lange Jahre für verschiedene Medikamente und Impfstoffe im deutschen Marketing zuständig. Sie erklärt, was bei einer Markteinführung geschieht.

S. Meier: In der Regel versucht man als Hersteller, Ärzte und Apotheker zeitnah zu informieren, dass es eine neue Option zur Behandlung oder auch zur Immunisierung gibt. Und das kann neben dem pharmazeutischen Außendienst auch über Produktanzeigen in Fachzeitschriften erfolgen, über Veranstaltungen auf Fachkongressen, Symposien oder auch direkt persönliche Gespräche bei Kongressen und auch über digitale Kanäle. Nicht nur die Ärzte haben dann auch ein Interesse an diesen Informationen, sondern vor allem auch die Patienten, um über ihre Ärzte informiert zu werden, neue Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt zu bekommen und um gemeinsam zu eruieren, ob diese für sie aus medizinischer Sicht auch eine passende Behandlungsmöglichkeit darstellen könnten. Ob ein neues Medikament oder ein Impfstoff dann letztlich verordnet wird, ist die Entscheidung des Arztes – beziehungsweise ist es oft auch eine Entscheidung in Abstimmung zwischen Arzt und Patient, sodass auf die jeweiligen individuellen Wünsche des Patienten auch eingegangen werden kann und dann gemeinsam eine Entscheidung getroffen wird, ob eine entsprechende Therapie oder Impfung bei der jeweiligen Person angebracht ist oder nicht.

Moderation: Veranstaltungen eignen sich als Format besonders, wenn es um den Austausch von Informationen und Erfahrungen geht. 

S. Meier: Also es gibt immer Ärzte, die bereits früher als andere erste Erfahrungen mit neuen Medikamenten gemacht haben. Zum Beispiel weil sie in den klinischen Studien involviert waren oder in einem Zentrum besonders viele Patienten mit bestimmten Erkrankungen haben, die andere Ärzte nicht so häufig sehen. Das Weitergeben von Informationen und Erfahrungen kann auf jeden Fall die Qualität der Behandlung verbessern. Entscheidend ist, dass die Informationen bei Veranstaltungen grundsätzlich ausgewogen dargestellt werden, das ist sehr wichtig. Da sind uns sehr, sehr hohe Maßstäbe vorgegeben und an die halten wir uns auch. Und das ist auch für die Glaubwürdigkeit unabdingbar. Es geht darum, dass Ärzte sich über neue Optionen informieren können. Ob oder für welche Patienten sie neue Behandlungsmöglichkeiten dann auch in Betracht ziehen, das ist letztlich ihrer medizinischen Expertise überlassen.

Moderation: Neben den Maßstäben, die es zu den Inhalten gibt, gibt es auch zum Rahmen von Veranstaltungen konkrete Vorgaben.

S. Meier: Der sogenannte FSA-Kodex regelt, dass nicht nur die Inhalte ausgewogen sein müssen, sondern dass auch der Rahmen der Veranstaltung angemessen sein muss. Also, dass wirklich nur Informationen im Vordergrund stehen, es kein Unterhaltungsprogramm gibt et cetera. Da schauen schon viele Augen sehr genau hin.

Moderation: FSA steht für Freiwillige Selbstkontrolle in der Arzneimittelindustrie. Dieser Kodex ist also ein Regelwerk, das sich Mitglieder der Branche selbst auferlegt haben. Es gibt aber auch gesetzliche Regelungen wie das Heilmittelwerbegesetz – kurz HWG. Was das ist, erklärt Nicole von Gregory. Die Juristin leitet die Rechtsabteilung bei Pfizer in Deutschland.

N. Gregory: Das Heilmittelwerbegesetz, HWG sagen wir, ist ein Schutzgesetz. Arzneimittel sind ja Waren, aber besondere Waren, die sich von den sonstigen Waren des täglichen Gebrauches in ganz Vielem abheben. Das liegt natürlich daran, dass uns Arzneimittel ganz extrem nahekommen. Sie schützen und erhalten oder restituieren, was uns ganz besonders wichtig ist: unsere Gesundheit. Da lassen wir nicht jeden ran und das ist auch gut so. Andererseits sind gerade frei verkäufliche Arzneimittel doch auch eine Ware. Und für Waren kann, darf, ja – heutzutage fast muss – geworben werden. Denn etwas, das niemand kennt, das kann auch niemand nutzen. Beides macht also Sinn, widerstreitet aber auch. Und um genau diesen Ausgleich bemüht sich das HWG. Es erlaubt grundsätzlich Werbung auch für Arzneimittel, stellt diese Werbung aber unter bestimmte, ziemlich strenge Anforderungen. Konsumanreize sollen zum Beispiel unterbleiben, reißerisch soll es auch nicht sein und die Information soll im Vordergrund stehen. Das HWG ergänzt damit in einem ganz besonders sensiblen Bereich der Arzneimittel, was es für andere Konsumgüter schon, aber weniger streng, durch das UWG gibt, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Der Zweck des HWG ist damit zum einen Gesundheitsschutz und zum anderen die Marktordnung. Dass also dort draußen im Markt es mit ordentlichen Dingen zugeht.

Moderation: Doch warum gibt es überhaupt ein Gesetz, das Werbung für Arzneimittel regelt? Das HWG ist mehr als 50 Jahre alt, seine Ursprünge liegen aber noch deutlich weiter zurück.

N. Gregory: Geworben wurde für Arzneimittel schon immer. Stellen Sie sich zum Beispiel einen mittelalterlichen Jahrmarkt vor. Da gab es immer irgendwo einen Gaukler oder Bader, der Heilwässer oder Tinkturen angepriesen hat als Liebeszauber oder gegen Zahnschmerzen oder zur Erhaltung der ewigen Jugend. Mit dem Aufkommen von Druckerzeugnissen gab es dann die ersten Flugblätter mit Werbung und auch die ersten Gazetten, wenn man sich so alte Re-Prints von der Gartenlaube oder so etwas anschaut, das war immer voll mit Werbung für Korsetts, aber auch für Zahnpflegemittel und solche Dinge. Deswegen gab es in den meisten Ländern und auch in Deutschland schon ganz früh Polizeiverordnungen und Gesetze, die dieses Werbegeschehen regulieren sollten. Unser HWG ist dann im Jahr 1965 entstanden.

Moderation: Das Heilmittelwerbegesetz will den Schutz der Bevölkerung vor unsachlicher Beeinflussung, wo es um ein so wichtiges Gut wie Gesundheit geht. Schließlich sind kranke Menschen unter Umständen in einer psychischen und physischen Notlage und damit in einer Ausnahmesituation, erklärt Nicole Gregory.

N. Gregory: Daher verbietet das HWG zum Beispiel bestimmte Dinge. Gutes Beispiel: gruselige Vorher-und-Nachher-Fotos oder die Behauptung, ein bestimmtes Produkt würde unbedingt und immer zu einem bestimmten Erfolg führen, oder Promis, die werben. Eine ganz skurrile Sache war etwas, was es inzwischen nicht mehr gibt, nämlich das Kittelverbot im alten Heilmittelwerbegesetz. Bis in die 2010er Jahre durfte nicht mit Ärzten im Kittel geworben werden. Der Arztkittel war offensichtlich das ultimative Symbol für Vertrauen und das war dann die Geburtsstunde der Zahnarztfrau. Die war werbetechnisch gesehen eine wirklich brillante rechtmäßige Umgehung des Gesetzes. Denn die war ja kein Arzt und genoss dennoch Ansehen, Vertrauen und so etwas wie abgeleitete Fachkompetenz. Und die hat uns ganz wunderbar weiche medizinische Zahnbürsten und zahnhalsschonende medizinische Zahncremes verkauft. Das Zeitalter des Putzozähns habe ich letztes irgendwo gelesen, als das wurde als diese Werbeperiode bezeichnet, ist inzwischen aber abgelaufen, denn das Kittelverbot ist irgendwann gefallen. Man kennt so etwas aber auch aus dem normalen UWG, das bestimmte Verbote mit der Zeit gehen, zum Beispiel das Verbot der vergleichenden Werbung. Die war lange – in Deutschland ganz wichtig – durfte man gar nicht machen. Inzwischen größtenteils erlaubt. Unsere Schutzgesetze folgen also so etwas wie dem Zeitgeist.

Moderation: Das Heilmittelwerbegesetz unterscheidet zwischen der Publikumswerbung und der Fachkreiswerbung.

N. Gregory: Bei der Publikumswerbung für die verschreibungsfreien Arzneimittel, da gibt es relativ starke Einschränkungen, was man überhaupt sagen darf. Insoweit wird der Laie eigentlich noch viel stärker geschützt als natürlich der Arzt, weil er weniger Kenntnis hat. Andererseits kommt hier wieder dieser Aspekt zum Tragen, es ist eben doch eine Ware, der Patient kann sie ja kaufen. Und wo es um eine Ware geht, da muss man natürlich informieren und da ist die Grenze, Werbung, Information immer ein bisschen fließend, dennoch müssen Sie dem entscheidenden Konsumenten irgendetwas an die Hand geben. Deswegen darf man aus diesem Grund für etwas, was in der Apotheke frei verkäuflich ist, auch werben.

Moderation: Gegenüber medizinischen Fachkreisen dürfen Hersteller auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel werben. Nicole Gregory, die auch Teil des Leitungsgremiums von Pfizer in Deutschland ist, führt aus was unter Fachkreisen gemäß des Gesetzes zu verstehen ist.

N. Gregory: Der Begriff der Fachkreise kommt aus dem HWG, dem Heilmittelwerbegesetz. Meint natürlich in dem Zusammenhang medizinische Fachkreise, also keine sonstigen Fachkreise, und wird da legal definiert. Dieses Wort benutzt der Jurist immer, wenn er meint, es gibt eine genaue Aufzählung. Da steht also drin: Fachkreise sind Angehörige der Heilberufe. Das sind zum Beispiel Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Hebammen, Krankenschwestern, MTAs, Masseure, alle möglichen Personen, die in diese Kategorie fallen. Dann gehören dazu die Einrichtungen, die der Gesundheit von Menschen und Tieren dienen, beispielsweise also Krankenhäuser. Und schließlich gibt es noch die sonstigen Personen, soweit sie mit Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben. Das sind dann zum Beispiel wir, die pharmazeutischen Unternehmen, oder Großhändler und eben nochmal Apotheker. Das HWG richtet sich also nicht nur an Hersteller, sondern an ganz verschiedene weitere Player im Gesundheitswesen. Und es ist anwendbar, sobald es um Werbung geht. Also es wird geregelt, mit wem man sprechen darf, zu wem man sprechen darf, über was man sprechen darf, bestimmte Produktarten bekommen nochmal besondere Einschränkungen. Das ist wirklich ein Gesetz, was sich sehr viel Mühe gemacht hat und auch wenn es die Pharmaindustrie oft natürlich einschränkt ist es dennoch ein Gesetz, was ich uneingeschränkt für sinnvoll erachte. Es führt einfach dazu, dass wir mit dieser ganz besonderen Ware Arzneimittel und diesem ganz wichtigen Gut Gesundheit, nicht leichtfertig umgehen.

Moderation: Das HWG regelt also, mit wem Hersteller von Arzneimitteln wie über ihre Medikamente und Impfstoffe kommunizieren dürfen. Nicole Gregory stellt heraus, dass Kommunikation und Aufklärung wichtig sind.

N. Gregory: Wir sind diejenigen, die unsere Medikamente am besten kennen, am längsten kennen. Man muss ja auch berücksichtigen, dass ein Medikament, bevor es in den Markt kommt, eine ganz lange Zeit in der Entwicklung ist. Das heißt, über diese zusätzliche Zeit, die man draußen in der Welt so gar nicht kennt, wissen wir als Hersteller, als Entwickler schon ganz lange. Deswegen begleiten wir ein Medikament über einen langen, langen Zeitraum, kennen es sehr gut und können aus dieser langen Kenntnis und der vielen Erfahrung besonders gut aufklären. Dem Hersteller eines Produktes wird ja in der Regel auch, während es im Markt ist, immer wieder zurückgespielt, wie ein Produkt sich im Markt macht. Wir bekommen Nebenwirkungsmeldungen, wir bekommenBerichte darüber, was bei der Anwendung eines Produktes so passiert. Das sammeln wir und können das mit dem, was wir aus der Entwicklung wissen, vernetzen und sind deswegen einfach diejenigen, die über ein Produkt am besten Bescheid wissen.

Moderation: Was die Kommunikation zwischen Angehörigen medizinischer Fachkreise und pharmazeutischen Herstellern inhaltlich ausmacht, erläutert Dr. Daniel Kalanovic, den Sie schon früher in diesem Podcast hören konnten. Er ist medizinischer Direktor und Mitglied der Geschäftsführung bei Pfizer in Deutschland. 

D. Kalanovic: Die Kommunikation mit Ärzten in beide Richtungen ist für uns extrem wichtig. Also in beide Richtungen sage ich: Einerseits informieren wir natürlich Putzozähns und es ist auch eine essenzielle Funktion in der Medizin, die ich vertrete bei Pfizer. Natürlich informieren wir Ärzte über neue Wirkprinzipien, über mögliche Anwendungsgebiete, über die Studiendaten. Und auf der anderen Seite ist für uns sehr wichtig, dass Ärzte uns sowohl im Vorfeld, während wir forschen, natürlich informieren, welche Bedürfnisse sehen sie noch bei der Therapie, wo sollte noch optimiert werden? Aber auch nach der Markteinführung: Kann man die Therapie noch optimieren? Wo könnte man sagen, diesen Nebenwirkungen kann man noch vorbeugen, hier kann man die Dosis noch optimieren, hier sehe ich den besten Einsatz des Medikaments oder damit habe ich auch sehr gute Erfahrungen gemacht? Das heißt auch, das ist für mich persönlich auch ein sehr wichtiges Feld in der Zukunft, dass wir diesen Austausch, den wir mit Ärzten haben und unter den Ärzten, diese sozusagen kollektive Intelligenz, die wir da haben, noch besser nutzbar zu machen für Patienten und für den besten Einsatz unserer Medikamente.

Moderation: Um den besten Einsatz zugelassener Medikamente in der praktischen Anwendung zu ermitteln, finden auch sogenannte nicht-interventionelle Studien statt. Manchmal spricht man hier auch von Phase-IV-Studien oder Beobachtungsstudien. Daniel Kalanovic beschreibt, warum Erkenntnisse aus der klinischen Praxis so wichtig sind.

D. Kalanovic: Wenn wir ein neues Medikament zulassen, dann ordnet sich das ja in ein Therapiespektrum ein. Der Arzt hat ja zum Beispiel schon bestimmte Therapien, jetzt kommt eine neu zugelassene Therapie. Und er wird sie dann in bestimmten Patientengruppen einsetzen, die dafür geeignet sind. Und da bildet sich sozusagen ein, so ein Real-World-Einsatz des Medikaments heraus. Und da interessiert uns natürlich auch: Funktioniert das? Das ist alles zugelassen, das bewegt sich in dem Rahmen der Therapiefreiheit des Arztes. Und wir müssen einfach schauen: Reproduzieren sich diese positiven Ergebnisse, zum Beispiel wenn Sie die Reihenfolge der Medikamente wählen – in der Praxis gibt es ja oft unzählige Möglichkeiten hier? Dann möchten Sie natürlich wissen: Ist das dann auch erfolgreich? Ist das vergleichbar mit den Phase-III-Studien? Gibt es vielleicht sogar einen besonders positiven Effekt in bestimmten Patientengruppen? Oft ist es auch wichtig zu sehen, wenn Patienten zum Beispiel Begleiterkrankungen haben oder zusätzliche Medikamente einnehmen – Cholesterinsenker oder sonst was. Wenn Sie dann Patientengruppen anschauen, die jetzt eben diese verschiedenen zusätzlichen Eigenschaften haben, ob es da Unterschiede gibt in der Wirksamkeit. Und das sind oft wichtige Informationen. Und deswegen, glaub ich, ist es auch sehr wichtig, dass wir in Registern, in nicht-interventionellen Studien und so weiter, sowas auch nach Markteinführung gründlich erfassen.

Moderation: Manchmal bekommen Hersteller auch im Rahmen der Zulassung durch die Behörden sogenannte Post-Marketing-Studien auferlegt. Hierfür kann es verschiedene Gründe geben.

D. Kalanovic: Na ja, Behörden sind natürlich, so wie Ärzte, so wie wir alle, immer am Abwägen: Ist die Wirkung, die ich hier habe, steht die in einem guten Verhältnis zu natürlich den Nebenwirkungen? Kein Medikament hat keine Nebenwirkung.Und wie ist die Aussagesicherheit, auf welcher Sicherheit kann ich meine Entscheidung fällen? Und oft ist es ja so, gerade bei Erkrankungen, die ein sehr hohes medizinisches Leid hervorrufen, dass Sie sagen: Da möchte ich möglichst – gerade wenn ich ein vielversprechendes Medikament hab –, dass es möglichst schnell zu den Patienten kommt. Ich möchte aber gleichzeitig, dass, wenn es schnell bei den Patienten ist, meine Sicherheit erhöhen, dass ich nichts übersehe sozusagen. Keine Nebenwirkungen übersehe, die ich in den Zulassungsstudien nicht gesehen habe. Und deswegen ist verständlich, dass man gerade zum Beispiel, wenn es kleinere Studien waren, die einen positiven Effekt gezeigt haben, aber eben in einer Patientenpopulation, die hier nicht riesig war, zum Beispiel weil es eine seltene Erkrankung war, dass man dann nachbeobachtet. Das ist ganz nachvollziehbar und halte ich auch für sehr wichtig. Weil sich die Sicherheit erhöht mit jedem Jahr der Nachbeobachtung. Und diese Ergebnisse werden dann auch regelmäßig publiziert und diskutiert und das ist ein wichtiger Teil auch der Entwicklung von Medikamenten.

Moderation: Die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft ist nötig, um noch mehr über neue Medikamente zu erfahren, wenn diese zugelassen sind und regulär verordnet werden können. Bei der Kommunikation mit Fachkreisen und der Vermarktung gilt es zahlreiche Vorschriften zu beachten. Das trifft übrigens auch auf Apotheken zu, sagt Nicole Gregory.

N. Gregory: Viele werden sich daran erinnern, dass in früheren Zeiten man in der Apotheke immer irgendeine Kleinigkeit mitbekam. Wer selber Arzt ist, wird sich erinnern, wie viele Kaffeetassen man in der eigenen Küche hatte, auf denen die Namen von allen möglichen Produkten oder pharmazeutischen Unternehmen standen. Manchmal stand da sogar eine Kaffeemaschine, die da her kam. Das alles sind Sachen, die – da kommt wieder der Begriff des Zeitgeistes rein – vor 20, 30 Jahren anders waren. Zu denen auch heute die Industrie ein ganz anderes Verständnis hat und sich selber ziemlich starke und klare Grenzen gibt und sagt, das wollen wir nicht mehr.

Moderation: Weil Regelwerke und Gesetze zwar einen Rahmen schaffen, aber Verstöße nicht verhindern können, schauen mehrere Augen genau hin.

N. Gregory: Wo es eine Grenze gibt, da gibt es meines Erachtens nach auch immer Menschen, die versuchen, diese Grenze zu überwinden. Das gilt im Guten wie im Schlechten. Manchmal ist da Dummheit im Spiel, manchmal Dreistigkeit, manchmal ist das schlechtes Urteilsvermögen oder auch einfach schlechte Beratung. Kein Gesetz kann ausschließen, dass es Verstöße gibt. Wenn wir Verstöße haben, werden die aber sehr stark geahndet, man darf das dann, wenn ich jetzt wieder auf diesen Werbebereich zurückkomme, man darf das dann nicht wieder machen, man muss das versprechen auch für die Zukunft zu unterlassen. Manchmal muss man das ganze Material, was man da gedruckt und verwendet hat, zurückholen und dann muss man es vernichten. Strafzahlungen gibt es auch. Und die Hersteller schauen sich da auch gegenseitig auf die Finger, da gibt es eigentlich ein ganz gutes Sanitärverhalten der Hersteller untereinander. Die mahnen sich dann gegenseitig ab, wenn sie den Eindruck haben, da dehnt jetzt einer die Grenzen zu sehr aus.

Moderation: Diese gegenseitige Kontrolle trägt gewissermaßen zur Pflege und Gesunderhaltung des Systems bei.

N. Gregory: Vom Grundsatz ist das eine ganz gesunde Art, ein System innerhalb gewisser Grenzen zu halten, ohne dass man gleich mit einer polizeilichen oder richterlichen Sanktionskeule kommen muss. Man mahnt sich selber ab. Das muss auch nicht immer gerichtlich passieren, manchmal ruft man auch einfach mal bei dem anderen Unternehmen an und sagt: Hör mal, ich habe hier etwas in die Hand bekommen, das finde ich so nicht gut, das entspricht, glaube ich, nicht dem, was so gewollt ist. Sag uns mal zu, dass ihr das jetzt auch so verstanden habt und dass ihr das nicht mehr verwendet werdet. Dann braucht man kein Gericht zu bemühen, es macht niemandem Arbeit und gleichwohl hat man dafür gesorgt, dass die andere Seite sich ganz schnell wieder hinter die Grenze zurückzieht und ordentlich verhält. Also wirklich effektiv, schnell und ziemlich wirksam.

Moderation: Ergänzend zu den Informationen, die Hersteller von Arzneimitteln und Impfstoffen über ihre Produkte anbieten, gibt es natürlich weitere Quellen, bei denen sich Ärztinnen und Ärzte informieren können. Marketing-Expertin Sirkka Meier nennt ein paar Möglichkeiten.

S. Meier: Die Möglichkeit zu unabhängiger Informationsbeschaffung besteht natürlich immer, hierfür gibt es verschiedene Quellen wie beispielsweise Leitlinienempfehlungen oder bei Impfstoffen auch die Empfehlung der ständigen Impfkommission, der sogenannten STIKO. Zudem gibt es rechtliche Rahmenbedingungen, an die wir uns als Hersteller halten müssen und die uns Möglichkeiten und Grenzen setzt.

Moderation: Sirkka Meier ist seit mehreren Jahren für Impfstoffe zuständig. Seit der Corona-Pandemie kommt dem Thema Impfen besonders viel Aufmerksamkeit zu. Das war nicht immer so. Und es gibt Impfungen gegen zahlreiche andere Erkrankungen, an die Viele im Alltag nicht denken.

S. Meier: Ich beschäftige mich ja hauptsächlich mit dem Bereich der Prävention und eine Impfung erfolgt bei derzeit gesunden Personen, um sie vor potenziellen schwerwiegenden Krankheiten schützen zu können. Nicht immer ist die Relevanz einer solchen Impfung oder auch die Schwere einer möglichen Erkrankung heute schon präsent. Da wird dann schon mal abgewogen, inwiefern ich als Gesunder jetzt einen Termin beim Arzt machen soll, „nur“ um eine Impfung gegen eine Erkrankung zu bekommen, die ich vielleicht selbst heute gar nicht richtig einschätzen kann. Es gibt Erkrankungen, die werden nicht unbedingt als schwerwiegend angesehen, weil, sie können mich ja gar nicht betreffen. Ich lebe gesund, ich gehe raus, ich gehe spazieren, ich mache Sport, ich trinke keinen Alkohol. Nichtsdestotrotz kann es rein theoretisch morgen jeden betreffen und daher ist Prävention ein wichtiger Faktor, der nicht außer Acht gelassen werden sollte. 

Moderation: Es gibt also viele Themen, die pharmazeutische Hersteller auch nach der Einführung neuer Medikamente und Impfstoffe umtreiben. Wir hoffen, Ihnen mit den sechs Folgen dieser ersten Staffel des Podcasts einen Überblick geboten zu haben von der Entdeckung neuer Substanzen und Wirkstoffkandidaten bis über die Markteinführung neuer Medikamente und Impfstoffe hinaus. Mit dieser Folge endet „Charles² – Pharma Insights“ vorerst. Sofern Sie den Podcast noch nicht abonniert haben, laden wir nochmals herzlich ein, dies zu tun. So verpassen Sie es nicht, sollten neue Folgen erscheinen. Alle bisherigen Folgen und weitergehende Informationen finden Sie auf unserer Website www.pfizer.de. Wenn Ihnen „Charles² – Pharma Insights“ gefällt, empfehlen Sie uns gern weiter. Für den Moment bleibt mir nur, Ihnen fürs Zuhören und das Interesse zu danken. Und Ihnen alles Gute zu wünschen.